Studie A

Veröffentlicht am 28. November 2020 um 17:48

Zwischen 1992 bis 2000 wurden laut einer Studie in Schweden von der „Department of Forensic Chemistry of the National Board of Forensic Medicine in Sweden“ bei 14 857 Suiziden (darunter 4301 = 29% unsichere Fälle) toxikologisch auf Antidepressiva geprüft.

 

Isacsson, Holmgren, Ahlner „Selective serotonin reuptake inhibitor antidepressants and the risk of suicide: a controlled forensic database study of 14857 suicides“ [2015], Internet: https://www.academia.edu/18439208/Selective_serotonin_reuptake_inhibitor_antidepressants_and_the_risk_of_suicide_a_controlled_forensic_database_study_of_14_857_suicides

 

Die Kontrollgruppe (26 422 Fälle von natürlichen Todesfälle bzw. Unfälle), bei der ebenfalls toxikologisch auf Antidepressiva geprüft wurde, bestand auch aus dem gleichen Zeitraum (1992-2000).

 

Von ca. 830 000 Todesfällen* (100% zwischen 1992 und 2000, die man weder den „sicheren“ noch den „unsicheren“ Suizid-Fällen zuordnen konnte) wurden diese 26 422 Fälle (= ca. 3,2%) entnommen. Grundsätzlich ist zu diesen Todesfällen (die man weder den „sicheren“ noch den „unsicheren“ Fällen zuordnen kann) zu vermerken, dass sie in den älteren Altersgruppen gehäuft auftreten - im Gegensatz zu den Konsumenten-Fälle, die in den älteren Altersgruppen vergleichsweise weniger gehäuft auftreten. Das hat dann verschiedene rechnerische Auswirkungen auf die Ermittlungen der unten aufgeführten Suizid-Faktoren, sowohl zu gunsten als auch zu ungunsten dieser Psychopharmaka (deren Suizid-Faktoren dann eigentlich niedriger bzw. höher dargestellt werden müssten). Bei der Entnahme der Kontrollgruppe muss es also darauf ankommen, dass der Absatz von Antidepressiva in der Allgemeinbevölkerung wiedergespiegelt wird.

 

Laut der Studie (siehe „Material and methods“) sollen aber diese 26422 Fälle den Absatz von Antidepressiva in der Allgemeinbevölkerung wiederspiegeln, da für diesen Zweck von der „National Corporation of Pharmacies“ zusätzliche Daten über den Verkauf der verschreibungspflichtigen verschiedenen Antidepressiva an verschiedenen Altersgruppen der Allgemeinbevölkerung als Anzahl der „definierten täglichen Dosen“ (DDD) zur Verfügung gestellt wurden.

 

Unter der Annahme, dass die Daten der Kontrollgruppe den Absatz von Antidepressiva in der Allgemeinbevölkerung wiederspiegeln, kann man den Faktor von überproportional vielen Suiziden anhand des Beispiels von Sertraline (siehe Tabelle 1) ermitteln (und natürlich unter Berücksichtigung der Anmerkung, siehe unten). Hier liegt der Anteil an den Suizidfällen bei 1,5% (= (226x100%)/14857 ), bei der Kontrollgruppe liegt er bei 0,4% (= (97x100%)/26422 ). Daraus ergibt sich ein Faktor von 4,1 für das „Minimum“ und ein Faktor 5,4 (= (4,1-0,29)/(1-0,29) ) für das „Maximum“ (wegen den 29% unsicheren Fällen). Mit der gleichen Vorgehensweise kann man für Venlafaxine einen Faktor ermitteln von 5,7 bis 7,8. Für Fluvoxamine ergibt sich ein Faktor zwischen 12 und 16,5.

 

Von 1997 bis 2000 gab es 375 566 Todesfälle von sämtlichen Todesursachen in Schweden („Samtliga dödsorsaker“) bzw. 369 596 Todesfälle, die weder „sicheren Suiziden“ (ICD-10 Code: X60-X84) noch „unsicheren Suiziden“ (ICD-10 Code: Y10-Y34) zuzuordnen waren, siehe: „The National Board of Health and Welfare in Sweden“ (Socialstyrelsen), „Statistikdatabas för dödsorsaker“, Internet: https://sdb.socialstyrelsen.se/if_dor/val.aspx . Hochgerechnet auf 9 Jahre (1992 bis 2000) könnten es also ca. 830 000 Todesfälle gewesen sein, die man weder den Fällen von X60-X84 noch den Fällen von Y10-Y34 zuordnen konnte.

 

Anmerkung:

Bei Tabelle 1 wäre natürlich zu berücksichtigen, dass die „definierten täglichen Dosen“ (DDD) nur den Absatz wiedergeben aber nicht die Konsumenten-Quote. Wenn man den Betrag von diesem Absatz trotzdem in eine Konsumenten-Quote umrechnen würde (z.B. mit Dividieren durch ca. 9 ** ), käme man auf eine Konsumenten-Quote, die um das 1,3 fache ungenau ist - im Gegensatz dazu wenn man durch 7 (also mit 2 weniger) dividiert hätte (dieser Divident 7 kommt vielleicht nicht so oft vor. Zumindestens habe ich den noch nicht feststellen können, beim Vergleich verschiedener Absatz-Raten mit den dazugehörigen Raten der Konsumenten-Quoten). Eine 1,3 fache Ungenauigkeit für das "Minimum" hätte dann also z.B. für den Wirkstoff Sertraline zur Folge, dass sich der Suizid-Faktor beim „Minimum“ dann nicht mehr bei 4,1 sondern bei 3,1 (= 4,1/1,3 ) befindet. Bei Fluvoxamine hätte eine 1,3 fache Ungenauigkeit bei dem "Minimum" (und eine 1,2 fache Ungenauigkeit bei dem "Maximum", was den o.g. Dividenten von 9 auf 11 vergrößert) zur Folge, dass sich der Faktor beim „Minimum“ bei 9,2 (= 12/1,3 ) befindet und beim "Maximum" sich der Faktor bei 19,8 (= 16,5 x 1,2 ) befindet:

 

                            Ohne Berücksichtigung o.g.         Mit Berücksichtigung o.g. 1,3 fache                                      Ungenauigkeiten:                          und 1,2 fache Ungenauigkeiten:

Amitriptyline        3,9 bis 5,0                                     3,0 bis 6,0

Clomipramine     4,2 bis 5,5                                     3,2 bis 6,5

Imipramine          3,7±0,1 bis 4,8±0,2                       2,9±0,1 bis 5,8±0,3

Lofepramine        3,1 bis 4,0±0,1                              2,4 bis 4,8±0,1

Maprotiline           4,7 bis 6,2                                     3,6 bis 7,5 

Trimipramine       4,0 bis 5,2                                     3,1 bis 6,3

Citalopram          3,0 bis 3,8                                     2,3 bis 4,6

Fluoxetine           3,6 bis 4,6                                      2,8 bis 5,6   

Fluvoxamine       12,0±0,2 bis 16,5±0,3                    9,2±0,2 bis 19,8±0,4

Paroxetine          3,4 bis 4,4                                      2,7 bis 5,3 

Sertraline            4,1 bis 5,4                                      3,2 bis 6,5      

Mianserin            8,2 bis 11,2                                    6,3 bis 13,4  

Mirtazapine         6,6 bis 8,9                                      5,1 bis 10,7 

Moclobemide      7,2 bis 9,7                                      5,5 bis 11,6

Venlafaxin           5,7 bis 7,8                                      4,5 bis 9,3

(Ermittlungen der fett gedruckten Faktoren sind weiter oben erklärt, die anderen Faktoren sind mit der gleichen Vorgehensweise ermittelt. Die ± Tolerierungen sind mit einem Fall mehr/weniger unter dem jeweiligen Wirkstoff ermittelt. Faktoren ohne ± Zeichen haben kleinere Toleranzen als ca. ±0,1)

 

 

**  Im Jahr 2007 gab es in Schweden 8% Antidepressiva-Konsumenten jährlich bzw. ein Konsum von 72 DDD Antidepressiva je 1 000 Einwohner pro Tag. Der Quotient DDD/Konsumenten-Quote würde hier also die 9 ergeben. Dieser Quotient wäre dann, wie oben aufgeführt, als Divident zu verwenden.

Quellen für diese Konsumenten-Quote und für den Konsum:

The National Board of Health and Welfare in Sweden (Socialstyrelsen). Statistikdatabas för läkemedel. Internet: https://sdb.socialstyrelsen.se/if_lak/val.aspx    

OECD „Gesundheit auf einen Blick 2009“ Internet: https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/9789264081086-de.pdf?expires=1607344627&id=id&accname=guest&checksum=D69F5E4A838B100A5B32381DF2CAA597 , siehe Seite 109. 

 

Zu berücksichtigen wäre selbsterklärend auch, dass bei Faktor-Eingrenzungen (die mit Hilfe der DDD ermittelt wurden) natürlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich das eigentliche "Minimum" unterhalb des "Minimums" befindet (wegen der in der 1.Anmerkung genannten "Ungenauigkeit"), auch wenn das als eher unwahrscheinlich zu betrachten ist. Demzufolge ist es genauso unwahrscheinlich dass sich das eigentliche "Maximum" oberhalb des "Maximums" - unter Berücksichtigung o.g. Ungenauigkeit - befindet.